Habt Ihr schon mal was von dem Roman "Rückblick auf das Jahr 1887 aus 2000" von Edward Bellamy gehört? Eine Sozialutopie aus dem späten 19. Jahrhundert, damals viel diskutiert in linken wie in bürgerlichen Kreisen. Ins Deutsche übersetzt hat ihn Clara Zetkin. Ziemlich interessant imho, ich habs in #antjelaseinbuch besprochen: https://www.youtube.com/watch?v=6jyE1NZ6fLc
Die Frage, ob sie das noch hinkriegen, ist vielleicht die wichtigste in den nächsten Tagen. Denn wenn nicht, wird es ziemlich ... spannend in den kommenden Jahre.
Merz hat einen an der Waffel, aber Leute, die meinen, es gäbe nur graduelle Unterschiede zwischen Grünen/SPD und AfD auch. Und den Spruch habe ich die letzten Tage nicht nur einmal gehört.
In den USA läuft Dramatisches ab, und weder berichten die Medien, noch gibt es nennenswerte Proteste (zu heute geplanten Demonstrationen in vielen Städten sind nur insgesamt ein paar tausend Leute gekommen). Woran könnte das liegen? Weil wir einen Staatsstreich mit rollenden Panzern assoziieren und nicht an ein paar Jungs am Computer? Wegen „Augen zu und durch“? Weil die Vorstellungskraft fehlt? https://www.volksverpetzer.de/aktuelles/trump-musk-staatsstreich-medienversagen/
Das Problem der vielen Katastrophenfilme, die wir geschaut haben, ist, dass sie alle ein Happy End haben. Deshalb denken wir, dass es mit den Katastrophen auch in Echt so ist.
PS. Ich weiß nicht, ob der designierte Justizminister Al-Waisi die Entlassung der Richterinnen nur angekündigt hat oder ob das schon entschieden hat - mein Punkt ist, dass über die Gefahr für Rechte und Freiheit von Frauen zu wenig gesprochen wird. Das müsste aber ein zentraler Punkt sein.
Das ging ja schnell. Richterinnen werden gefeuert und Frauen „ermutigt“, einen Hijab zu tragen. What could possibly go wrong. In Syrien müssen nicht nur Minderheiten sich fürchten. Islamisten machen eben islamistisches Zeug und ich sehe momentan wenig Anstrengung, dem entgegenzuwirken. Die Rechten reden jetzt alles schön, was dort passiert, weil sie gar nicht schnell genug mit dem Zurückschicken von Syrer*innen anfangen können. und ein guter Teil der Linken findet Islamismus ja neuerdings schick und revolutionär. Nebenwiderspruch-Gelaber is a thing.
In a nutshell was hier schief läuft. Statt zwischen autoritär/menschenfeindlich und freiheitlich/demokratisch eine Linie zu ziehen, werden rassistische und nationalistische Kategorien gezogen - gegen „die Migranten“ oder „die Asylanten“. Das heißt dann auch, dass wir die, mit denen wir zusammen für Freiheit und Solidarität kämpfen sollten, autoritären Regimen wie Erdogan ausliefern.
Leider machen Teile der Linken das Spielchen mit, wenn sie in Nahost genauso wenig zwischen autoritär/menschenfeindlich und freiheitlich/demokratisch unterscheiden, sondern Hamas/Hisbollah verharmlosen oder sogar gemeinsame Sache mit den Islamofaschisten machen, weil sie den Konflikt dort ebenfalls als einen entlang von Nationalität oder Race darstellen (Kolonialismus-Keks oder die absurde Idee, sich Araber als Indigene und Israelis als Weiße zu phantasieren).
Die Linie des Konflikts verläuft nicht zwischen „Deutschen“ und „Ausländern“ oder zwischen „Weißen“ und „PoC“ oder zwischen „Israel“ und „Palästina“ oder zwischen „Muslimen“ und „Ungläubigen“. (Was nicht heißt, dass es entlang dieser Linien nicht auch Konflikte gibt, aber es sind nicht die entscheidenden).
Sondern die Konfliktparteien stehen sich innerhalb all dieser Gruppen gegenüber.
Das sind so die kleinen unberücksichtigten Meldungen, die eigentlich ein Riesen-Skandal sein müssten. Schon dass überhaupt in diesen Größenordnungen vererbt und verschenkt wird, ist ein Skandal. Aber warum the heck steigt das vererbte Geld um 19,8 Prozent, die darauf erhobenen Steuern aber nur um 3,9 Prozent? "Im vergangenen Jahr haben die bei den Finanzämtern angemeldeten Erbschaften und Schenkungen nach Angaben des Statistischen Bundesamts einen Höchstwert erreicht. Das steuerlich berücksichtigte geerbte und geschenkte Vermögen stieg im Vergleich zum Vorjahr um 19,8 Prozent auf 121,5 Milliarden Euro. Die festgesetzte Erbschaft- und Schenkungsteuer stieg den Angaben der Statistikbehörde zufolge um 3,9 Prozent." (epd)
Ich suche in Frankfurt eine*n Psychotherapeut*in mit Erfahrung in Kriegs- und Flucht-traumatisierte alte Menschen - hat jemand von euch einen Tipp, wie ich da vorgehen kann? Oder gar einen Tipp für eine Person?
Ab morgen läuft im Kino "Anatomie eines Falls" von Justine Triet mit Sandra Hüller als Mordverdächtiger. Der Schinken ist zweieinhalb Stunden lang (wie sein Vorbild "Anatomie eines Mordes"), aber keine Sekunde langweilig. Fand ich. Geht rein, toller Film!
Ich bin ratlos wegen der medialen Aufregung über Alice Weidels Sommerinterview und darüber, dass das offenbar immer noch nicht als eine Strategie erkannt ist, sondern alle so tun als hätte sie sich mal wieder was Schlimmes geleistet. Leute, das ist Absicht, das ist Strategie! Der identitäre Faschist Martin Sellner beschreibt das Vorgehen in seinem Buch "Regime Change von rechts", und Alice Weidel (ebenso wie Höcke und andere) hält sich drehbuchmäßig daran. Die Strategie heißt "anschlussfähige Provokation": Demnach muss man immer ein Stückchen über die Grenze des Sagbaren hinausgehen, um so nach und nach den Diskurs zu verschieben. Die Faschisten setzen auf diesen Mechanismus: Wenn die Provokation von gestern das Normale von heute ist, wird die Provokation von heute das Normale von Morgen. Wenn zum Beispiel der Tagesspiegel titelt "„Niederlage des eigenen Landes“: AfD-Chefin Weidel empört mit Aussage zur Kapitulation Nazi-Deutschlands" dann ist das genau die Schlagzeile, die beabsichtigt war. Das Interview war also für den faschistischen Regime Change ein voller Erfolg, Weidel hat geliefert. Sie hat so weit provoziert, dass alle sich aufregen und sie in den Schlagzeilen ist, aber sonst keine weiteren Konsequenzen drohen. Und alle haben gelernt: Man darf die Niederlage Deutschlands 1945 als hochrangige Politikerin dieses Landes heute wieder öffentlich bedauern. Die Idee der Neuen Rechten ist im übrigen auch, dass man demokratische Verfahren und Grundgesetz gar nicht ändern muss, um den Faschismus einzuführen. Es reicht, die öffentliche Meinung und den Mainstream weit genug nach rechts zu verschieben - mit demokratischen, rechtsstaatlichen Mitteln - um dann mit der "Volksmeinung" im Rücken faschistische Gesetze zu machen. Wir sehen ja schon, wie - ganz legal - freie Sprache eingeschränkt wird ("Anti-Gendersprache-Gesetze in mehreren Bundesländern), das Asylrecht ist schon ausgehebelt, und so weiter. Es ist sehr viel möglich im Rahmen des Legalen. Ich bin der Meinung, wir fokussieren uns viel zu sehr auf den kleinen Bereich illegaler Aktivitäten von Altnazis oder durchgeknallten Reichsbürgern. Aber das sind nicht die, von denen die wirkliche Gefahr ausgeht. Es ist in erster Linie ein Kulturkampf, und er spielt sich dort ab, wo festgestellt wird, was in dieser Kultur sagbar ist und was nicht, was wir für normal halten und was nicht, welches Verhalten Konsequenzen hat und welches Verhalten keine hat.
Politikwissenschaftlerin, Journalistin, Frankfurt am Main. Das Gegenteil ist genauso falsch.Auf Mastodon auch bei kirche.social/@antjeschrupp zu finden (keine Doppelpostings)