(Noch) nicht in der Innenstadt, aber draußen in Moosach, an der Trambahn Wendesetelle, fliegen die Palästina-Flaggen, es wird im kleineren Kreis gefeiert. Deutsche Student:innen servieren Baklava und Kaffee, ein Jahr ist es heute her, dass man es den Drecksjuden mal so richtig gezeigt hat.
Ein Mann steht mit dem Megafon da, und feiert die Umma, das Kalifat, den Zusammenhalt der Brüder (und ganz leise sagt er auch "und Schwestern") im Kampf für ein freies Palästina in den Grenzen von 1939. Ein Bild von Amin al-Husseini, Vordenker Palästinas, Freund Hitlers, Mitarchitekt des Holocaust, hängt an einem Stand.
Hat sich seit dem 7. Oktober 2023 was geändert? Nein, denke ich nicht. Was sich geändert hat, ist die Offenheit, mit der etwas ausgedrückt wird, das schon immer da war. Man darf nicht mehr "From the River to the Sea" rufen, also ruft man nach Palästina "ohne Kolonisten" (vergisst dabei aber, dass der Islam die Gegend ziemlich genau zur selben Zeit kolonialisiert hat, wie Großbritannien Amerika).
Dann kommt die Polizei auch dazu. Unangemeldete Aktion, weil in Deutschland ein Blatt Papier heute wichtiger ist als Menschenwürde. Zumachen wegen der Aussagen, dem Feiern der Morde und Vergewaltigungen vor einem Jahr? Nein, das geht nicht. Aber zumachen, weil der Stempel fehlt, das geht. Naja, besser als garnix.
Um 10:30 ist der Platz fast leer und ich kann endlich in den Feierabend. Schleppe meinen Judenhintern nach Hause, wo eine alte Challah auf mich wartet, die von Rosh Hashanah noch übrig ist. Und dann gehe in ins Bett und hoffe, dass ich morgen nicht mehr in einer Welt aufwache, in der Judenhass zumindest auf dem Papier einen Stempel braucht, um erlaubt zu sein.