Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat heute bekanntgegeben, dass die Twitter-Nutzerin "Jule Stinkesocke" oder Julia Gothe, nie existiert hat. Das Blog wurde von einer Drittperson seit 2009, erst als Like-Grab und dann zum finanziellen Gewinn, verfasst.
Ein echter Long Con, wenn ich das mal so sagen darf. Eine Person (jetzt bekannt) beschließt, nach genauer Analyse der Twitter- und Sozialmedien-Landschaft, eine Person zu erfinden, die genau die Befindlichkeiten der Intelligentsia anspricht.
Weiblich, behindert, sex-positiv. Ihr passieren immer genau die Dinge, die Likes und Empörung generieren, die in genau eine Kerbe schlagen. Dafür erhält sie Preise und das zieht auch die Spendenaktionen in fünfstellige Zahlen.
Man kann den Stinkesocke-Account wirklich als den Vorreiter der Twitter-Erfolgsformel "Ich war in X und ein Y hat Z gemacht, und Keiner hat was gesagt. Dann habe ich aber A gemacht und alle haben geklatscht." bezeichnen. Zudem war "sie" multi-plattform, es gab ein Blog, es gab den Twitter-Account, und es gab diverse andere textuelle Veröffentlichungen.
Als die ersten Fetzen Lack abblätterten, legte der Autor noch einen drauf. Trotz Realschulabschluss durfte Jule jetzt Medizin studieren. Das Blog bog sich mehr in Richtung Liebe, Sex, und Hammerexamen, während die o.g. Formel Twitter dominierte. In einer medienübergreifenden Manier brachte das Blog Leser auf Twitter und Twitter Leser auf das Blog, welches zeitweise Werbeeinblendungen hatte.
Jules letzte Jahre waren eine Mischung aus Anprangerung der medizinischen Realitäten des Gesundheitswesens und Angriffe auf das Lehrerzimmer durch Jule's fiktive Pflegetochter, welche ebenfalls bloggte und Twitter nutzte.
Einladungen zu Gesprächen, Talkshows, und mehr wurden immer mit dem Hinweis auf Stalker und Andere abgelehnt. Mein Versuch, Jule damals als eine weitere Ärztin mit Behinderung zu einer (für sie sicheren und anonymen) Teilnahme an einem Zoom Meeting während der Pandemie zu werben wurde ebenfalls mit dem Hinweis dass ich als "alter, weißer" Mann nicht sicher sei, abgelehnt.
Jule's "Pflegtochter" hatte wie beschissen Schule ist als Thema. Dabei wusste sie nicht einmal, in welchem Bundesland sie Abi machte, hatte aber jeden zweiten Tag eine Geschichte darüber, wie sie von Mitschülern oder Lehrenden angegriffen oder anderweitig diskrimiert wurde.
Das führte dann auch zur Auflage von "Eine Socke für Dich," der dritten Spendenaktion Jule's. Zusammen muss der Autor der fiktiven Geschichten seit 2009 etwa 130.000 Euro an dem Account verdient haben. Kein guter Stundenlohn, wenn Du mich fragst.
Jule "flog auf" als Fragen aufkamen, warum ihr Profilbild das einer Pornodarstellerin war. Aus dieser eigentlich ganz unschudigen Frage wickelte sich das ganze ab. Hätte Jule's Autor nicht mit der Addition von Helena, der Pflegetocher, das Twitter-Lehrerzimmer gegen sich aufgebracht, gäbe es Jule wohl heute noch.
Jetzt ist sie Sozialmedien-Lore und eine Warnung, dass wenn es zu sehr die Befindlichkeiten kitzelt, es wohl zumindest suspekt sein sollte.