Warum harmonieren Influencer und Desinformation in der Politik so gut?
Der primäre Wirkmechanismus sind Emotionen. Jeder Verkäufer weiß, dass Emotionen beim Verkauf wirksamer sein können als rationale Argumente. Dockt mein Produkt beim Kunden emotional an, dann schlägt es den Mitbewerber, der die gleiche Leistung für 20% weniger Preis bietet zwei Mal täglich. Aber wie jeder Werbetreibende erzählen kann, ist das emotionale Andocken gar nicht so einfach, jedenfalls bei den Emotionen, wo man mit Produkten andocken will.
Aber es gibt eine Emotion, die sich sehr gut eignet um Politik zu verkaufen, aber überhaupt nicht für Waren: die Wut. Man kann nicht jemanden sagen "Du bist wütend, kauf ein Auto" aber "Du bist wütend, wähle Elefanten-Partei und wir zetrampeln Deine Gegner" geht. Das funktioniert sogar noch besser, wenn man eine negative Wahlentscheidung verkaufen will "Du bist wütend, wähle nicht die linksgrünversifften Anti-Elefanten." Dadurch, dass man mit Wut auch schlecht Produkte verkaufen kann, ist hier ein ungenutztes Potential vorhanden. Das wird nicht drei mal täglich durch ein Popup geleert.
Diese Emotion ist so wirkmächtig, sie muss beim Zielobjekt gar nicht vorhanden sein, denn sie lässt sich leicht wecken. Man muss jemanden nur sagen "Du wirst ungerecht behandelt." Das funktioniert erschreckend gut. Warum?
Auf der einen Seite erleben wir gerade viele Wandel. Im Wandel ist es leicht, die Vorteile zu übersehen und die Nachteile besonders deutlich zu empfinden. Es überrascht mich nicht, dass in den neuen Bundesländern gerade die Wut-Strategie der #noAfD so gut verfängt. Es geht den Menschen objektiv viel besser als vor der Wende und ein Vergleich zu dem vorhesehbar weiteren Abstieg der DDR ist kaum möglich. Aber die Menschen haben nach der Wende einen enormen Kontrollverlust empfunden. Alles von Treuhand bis zum kleinsten Bürokraten rollte über sie rüber. Daran erinnern sich die Menschen und es ist leicht zu behaupten "Das war ungerecht!" Genauso kann man mit anderen Veränderungen umgehen: Digitalisierung, Klimawandel, soziale Krisen. Überall kann ich Wut auf die Ungerechtigkeit schüren.
Auf der anderen Seite gibt es keine objektive Gerechtigkeit. Gerechtigkeit ist zutiefst subjektiv. Jemanden, der sich ungerecht behandelt fühlt, zu erklären "Das war doch gerecht, weil ..." hat mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit genau den gegenteiligen Effekt. Es braucht einen hohen Grad an Selbstreflektion um zu erkennen, dass man etwas als ungerecht empfindet, dass aber auf eine höheren Abstraktionsebene eventuell doch gerecht war. Selbstreflektion wird nicht gelehrt und harmoniert nicht mit dem Zeitgeist. Jemand mit hoher Selbstreflektion ist nicht einfach ein folgsamer Angestellter. Wir haben über die letzten Jahrzehnte so einen leicht zu nutzenden Exploit in unsere Gesellschaft eingebaut.
In diesen Mix schmeisst man jetzt Influencer, die sich selber ungerecht behandelt fühlen. Deren Emotionen sind 100% authentisch und wenn sie für die Verbreitung dieser Emotionen auch noch finanziell belohnt werden, dann generiert man einen gigantischen Impuls. Sie sprechen Menschen auf Augenhöhe an (zumindest eine Zeit lang) und sie haben ein enormes Reservoire an Energie. Ihre Wut dockt an die eigene Wut an und facht diese immer stärker an. Huckepack kommen dann weitere Botschaften an wie "Die Ausländer sind schuld." Objektive Nachweise sind nicht notwendig, wären sogar kontraproduktiv. Fakten kann man widerlegen oder sogar ändern, bei Emotionen ist es viel schwieriger.
Wenn es also T.R.O.E.T. gelingt, ein solches Narrativ aufzubauen, dann steht einem Parlamentseinzug wenig entgegen. Trump hat es auf diese Art geschafft, Präsident zu werden. T.R.O.E.T. kann die Wut heraustrompeten, eine Stampede auslösen und die Bösen zetrampeln. Ich sehe hier sehr wirksame Slogans.
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